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Libertäre Rundschau

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Hauke Marxen, Kurt Kowalsky:

Was ist politischer Wettbewerb?

Abstract 

Was ist politischer Wettbewerb? Die konkurrierende Lügerei der Parteien hat nichts mit politischem Wettbewerb zu tun. Überall wird EINE Politik exekutiert, welche die komplexen sozialen Prozesse über zahlreiche Varianten der Umverteilung, sprich: einer mehr oder minder verschleierten Enteignung, zu kompensieren versucht. Wäre politischer Wettbewerb zulässig, würden Millionen Bürger sich im Falle eines Krieges mal kurz aus der jeweiligen Staatsherrschaft verabschieden.

Der Verbots- und Ordnungsstaat agiert in Symbiose mit den kleinkindhaften Gerechtigkeitsvorstellungen des Kleinbürgertums und ihrem faschistoiden Verlangen, Regelverletzer »ordentlich« zu bestrafen. Der Maßstab ist nicht der Grad der Freiheitseinschränkung und deren Verhältnismäßigkeit, sondern die einheitliche, rigorose Durchsetzung derselben. Das Zauberwort jeder Willkür- und Gewaltmaßnahme heißt Mehrheit. Ob absolut oder relativ, ob gezählt, geschätzt, gefühlt oder erfunden, legitimieren Mehrheiten alles und nichts. Immer so, wie es den Machthabern gerade in ihr Konzept passt.


»Wenn irgendwo zwischen zwei Mächten ein noch so harmlos aussehender Pakt geschlossen wird, muss man sich sofort fragen, wer hier umgebracht werden soll.«

- Otto von Bismarck -


Im Wort Wettbewerb verbergen sich die Worte Wette und Bewerbung. Wer sich um die Gunst von Kunden bewirbt, hat seinen (Wett-)Einsatz in Form von Investitionskosten und Arbeit verspielt, lehnen die Kunden sein Angebot ab. Ob sie das Angebot gänzlich verweigern oder einen Mitbewerber bevorzugen, ist einerlei. Stets haben die Umworbenen das letzte Wort und damit die Macht. So zumindest ist dies in der Marktwirtschaft.

Doch wie ist dies im politischen Wettbewerb? Natürlich wissen auch die Käufer von Gütern wie Waschmittel, Deospray oder Rasierwasser, dass die Produkte nicht derart glücklich machen, wie es die Werbung suggeriert. Hätte jedoch zum Beispiel das Waschmittel nicht die zugesicherte Eigenschaft, könnte der Produzent noch soviel werben, schon bald würde niemand mehr auf seine Lügen und Verdrehungen hereinfallen. Man könnte dann auf das Waschmittel eines anderen Herstellers zurückgreifen oder ganz auf den Gebrauch eines Waschmittels verzichten. Bald schon wäre ein derartiger Hersteller bankrott.

Das Fehlen zugesicherter Eigenschaften in Form von gebrochenen Wahlversprechen ist in der Politik allerdings alltäglich, ohne dass es zu signifikanten Verhaltensänderungen bei den Menschen kommt, steht eine allgemeine politische Wahl an. Man macht sein Kreuz in den Kreis derer, die wohl die angenehmsten Versprechungen gemacht haben, hofft auf das Beste und wird regelmäßig enttäuscht, um beim nächsten Mal seine Stimme häufig sogar erneut derselben Partei zu geben.

Trotzdem glauben die Menschen, dass diese konkurrierende Lügerei der Parteien irgendetwas mit politischem Wettbewerb zu tun hätte.

Selbst wenn die Menschen sich enttäuscht von ihrer Partei abwenden oder ganz auf die Teilnahme an allgemeinen Wahlen verzichten würden, hätte dies keinerlei substanziellen Einfluss auf die Herrschaftsform des Parlamentarismus.[1] Auf jeden Fall würde sich das Parlament in irgendeiner Weise zusammensetzen. Es gibt keine Alternative, keinen Wettbewerb, weil alle Parteien dasselbe »Angebot« präsentieren, die sogenannte freie demokratische Grundordnung, sprich: die gewaltsame Umverteilung von Vermögen unter dem Vorwand der sozialen Gerechtigkeit.

Das wäre ja nicht verwerflich, denken viele Menschen. Denn einerseits möchte kaum jemand die herrschende Ordnung gegen eine Diktatur im herkömmlichen Sinn eintauschen, andererseits glaubt eine große Mehrheit von ihnen, dass Neid, Missgunst und Habgier nur dann üble Charaktereigenschaften wären, wenn sie anderen Leuten anhaften. Selbst ist man gerne bereit, über den Umweg der politischen Forderung derartigen Gefühlen freien Lauf zu lassen.

Versuchen wir deshalb einmal, Politik zu definieren.

Bemüht man die Bundeszentrale für politische Bildung – und die müsste es ja wissen –, erfährt man über Politik Folgendes: »... es ist die Staatskunst, also alles, was das geordnete Zusammenleben der Bürgerinnen und Bürger regelt. Politik umfasst alle Dinge, die von Regierungen, Ministerinnen und Ministern, aber auch zum Beispiel von Verwaltungen (Ämtern) und (Bürgermeistern) in den Gemeinden bestimmt und gesetzlich festgelegt werden ...«

Der Soziologe Niklas Luhmann definierte Politik wie folgt: »Politik ist der Komplex sozialer Prozesse, die speziell dazu dienen, das Akzept administrativer (Sach-) Entscheidungen zu gewährleisten. Politik soll verantworten, legitimieren und die erforderliche Machtbasis für die Durchsetzung der sachlichen Verwaltungsentscheidungen liefern.«

 

»Wettbewerb ist weder in direkten Diktaturen noch in Systemen der offenen Macht wie den Demokratien vorgesehen.«

 

Was heißt das jetzt konkret? Es geht nicht um das zum Teil strittige Geschwätz der Politiker im Wahlkampf, im Fernsehen oder sogar im Parlament. Es geht ausschließlich darum, dass die konkret verabschiedeten Gesetze und Verordnungen auf dem Staatsgebiet derart exekutiert werden, dass das Volk sie im Großen und Ganzen akzeptiert. Moderne Staaten wie die westlichen Demokratien lassen auch grundsätzlichen Protest gegen das Regierungshandeln zu. Aufrufe zu Widerstandsaktionen wie Steuerverweigerung oder auch nur der Boykott von Abgaben sind dagegen verboten. Doch selbstverständlich nutzen dem Staat keine Verbote, organisieren sich bestimmte Teile der Bevölkerung gegen die staatliche Herrschaft.

Im Sommer 1982 demonstrierten in Bonn und Berlin circa 450.000 Menschen gegen den sogenannten Nato-Doppelbeschluss. Im Oktober 1983 waren in der alten BRD etwa 1,3 Millionen Menschen auf der Straße und weitere Großdemonstrationen folgten in Brüssel und Den Haag. Der Protest blieb ohne Erfolg, wie noch keine Protestaktion zuvor oder später aktuelles Regierungshandeln zu revidieren vermochte. Die Politik exekutierte ihre Vorhaben mit stoischer Gelassenheit.

Im 21. Jahrhundert sind inzwischen die unterschiedlichen Proteste mehr als bescheiden. Das System der medialen und parlamentarischen Reflexion ist perfektioniert. Nahezu jeder Protest wird durch die jeweiligen oppositionellen Parteien aufgenommen, moderiert, um dann im parlamentarischen Diskurs entweder zu versanden oder von allen Parteien als eigene Forderung übernommen zu werden. Dabei übersieht die Masse der Protestbewegten regelmäßig, dass diese ganzen Sympathie signalisierenden Parteien irgendwo in den Ländern oder Kommunen zur selben Zeit mitregieren, ohne auch nur den Anschein zu erwecken, ihr Regierungshandeln nach Maßgabe der Proteste zu ändern.

Wäre also das konträre Geschwätz zwischen den Parteien – wie suggeriert – politischer Wettbewerb, hätte ein Regierungswechsel zumindest die teilweise Revision der vormals verabschiedeten Gesetze zur Folge. Dies war und ist europaweit nirgends zu beobachten. Überall wird EINE Politik exekutiert, welche die komplexen sozialen Prozesse über zahlreiche Varianten der Umverteilung, sprich: einer mehr oder minder verschleierten Enteignung, zu kompensieren versucht.

Das heißt: Die Aufrechterhaltung des staatlichen Gewaltmonopols mittels der Herrschaftsform der Demokratie und des Parlamentarismus steht nur im politischen Wettbewerb mit anderen Formen der Herrschaftssicherung. Ob das eine Monarchie, eine Militärdiktatur oder die Diktatur einer Partei wäre, sei dahingestellt. Wenn derartige konkurrierende Systeme die Schreiber eines Pamphlets wie dieses eventuell im Meer versenken würden, ist dies lediglich der Ausdruck anderer politischer Präferenzen der jeweiligen Machthaber. Auch die blutrünstigste Diktatur ist auf fatale Weise darauf angewiesen, substanziellen Widerstand gegen ihre Gewaltherrschaft zu verhindern, jedoch die Masse der Leute zu korrumpieren.

Wettbewerb ist weder in direkten Diktaturen noch in Systemen der offenen Macht wie den Demokratien vorgesehen. Wäre das anders, würde das Grundgesetz nicht nur beredet die Aufnahme neuer Länder in das Bundesgebiet regeln, sondern auch ihre Sezession aus dem Bundesstaat. Dies ist nicht der Fall.

Doch die Wurzeln reichen tief. Bereits der amerikanische Bürgerkrieg (1861 bis 1865), den die Sieger zum Sklavenbefreiungskrieg umgedichtet haben, wäre in der Geschichte nicht aufgetaucht, hätten die Machthaber in Washington den Südstaaten die Möglichkeit zum Austritt aus der bundesstaatlichen Vereinigung zugestanden.

Aus dieser Zeit stammt übrigens das Konzept des totalen Kriegs. Nicht Joseph Goebbels hatte den totalen Krieg 1943 als besondere Perversität nationalsozialistischen Denkens erfunden, sondern der für Lincolns Wiederwahl siegende General Sherman verfolgte das Konzept, die gesellschaftlichen Ressourcen umfassend für den Kriegseinsatz zu mobilisieren. Das bedeutete, dass sich keine industrielle wie humane Ressource der Kriegsproduktion verweigern konnte.

Die entsprechende Rede Goebbels war dann auch ein sozialpolitischer Appell an die Gesellschaft, zusätzliche Arbeitskräfte für die Kriegsproduktion zur Verfügung zu stellen. Kein Geringerer als der amerikanische Präsident Roosevelt hatte genau sechs Tage zuvor diesen totalen Krieg ebenfalls proklamiert.

Obwohl sich der deutsche Vernichtungskrieg spätestens nach der Kapitulation in Stalingrad als Krieg zur Vernichtung Deutschlands verkehrte, war die Führerschaft Hitlers nach dem Münchner Abkommen 1938 zu keinem Zeitpunkt ernsthaft gefährdet. Die Politik Hitlers hatte es geschafft, dass die Bevölkerung und Generalität seine Entscheidungen weitgehend akzeptierten. Das Gleiche gilt jeweils für die britischen und amerikanischen Anführer sowie für Stalin.

Trotz oder gerade wegen weitreichender existenzieller Eingriffe in die Lebensgestaltung der Menschen schafften es die unterschiedlichsten politischen Systeme, ihre Gewaltmonopole aufrechtzuerhalten, weil die Bevölkerung keinen substanziellen Widerstand leistete.

Wer Widerstand leistet, wurde und wird in jedem der unterschiedlichen politischen Systeme existenziell vernichtet. Das funktioniert so lange, solange es die jeweilige Administration und politische Führung schafft, diesen Widerstand zu vereinzeln.

Unabhängig der Graduierung solcher Disziplinierungsmaßnahmen muss Folgendes beachtet werden:

1. Sie sind weitgehend hypothetisch. Kaum jemand setzt seine übrige Existenz aufs Spiel, auch wenn ihm ein bestimmter Eingriff in seine Lebensgestaltung als zutiefst ungerecht und willkürlich vorkommt. Moderne Staaten bieten zudem hier den sogenannten Rechtsweg an. Man kann in Europa vortrefflich jahrelang sein Geld in die Ausschöpfung des (wiederum politisch vorgegebenen) Rechtsweges »investieren«, ohne ungehorsam zu sein. So stirbt dann die Hoffnung zuletzt. Aber sie stirbt! Und hat man den eigenen Geschäftsbetrieb infolge des Kampfes gegen Windmühlen entsprechend vernachlässigt, ist man auch ohne staatliche Nachhilfe bankrott, also seiner Existenz beraubt.

2. Die das Gewaltmonopol exekutierenden Beamten oder Soldaten sind in jedem System auch nur Bürger. Die Leiter der Konzentrationslager des Dritten Reichs galten größtenteils als fürsorgliche Familienväter. Ihre Dienstwohnungen lagen zumeist unmittelbar neben den Vernichtungsanlagen. Und ob ein amerikanischer Bomberpilot ein Kind töten könnte, müsste er es bewusst selektieren, ist mehr als fraglich. Erst mit der Akzeptanz der von den politischen Machthabern gegebenen Befehle und zur Verfügung gestellten Mittel (Flugzeuge, Raketen etc.) sind totaler Krieg und die zwangsläufige Tötung Millionen Unschuldiger erst möglich. Wäre politischer Wettbewerb zulässig, würden Millionen Bürger sich mal kurz aus der jeweiligen Staatsherrschaft verabschieden, und sei es nur deshalb, um ihren eigenen Arsch retten zu können. Jede militärische Mobilisierung unterbleibt, erfährt sie in der Bevölkerung keine Akzeptanz. Folglich ist substanzieller Widerstand historisch sehr selten zu beobachten. Die Politik wird mit abgestufter Propaganda, mit Lügen, Halbwahrheiten und Verdrehungen stets versuchen, die militärische und zivile Bereitschaft zum Krieg so vorzubereiten, dass sie keine unangenehmen Überraschungen erleben muss. Das profanste Mittel dazu ist, beabsichtigte Angriffskriege als Verteidigungs- oder Präventivkriege darzustellen.

3. Die beobachtbaren Disziplinierungsmaßnahmen eines Staates werden meist historisch willkürlich verglichen und auf diesen Grundlagen unzulässig bewertet. Dabei wird verkannt, dass sich ein modernes, weitgehend gefestigtes Staatswesen selbstverständlich abgestufter ziviler Mittel bedienen kann. Bei den Studentenunruhen ab 1968, welche sich ursächlich gegen die deutsche Unterstützung des amerikanischen Vernichtungskrieges in Vietnam richtete, reagierte der Staat beispielsweise mit einer Eskalation der Gewalt und mit einer Reihe von Sondergesetzen, welche bis heute Bestand haben. Die politische Führung der zwanzig Jahre alten Republik hatte noch nicht verstanden, wie man Proteste auffängt und ins Leere laufen lässt. Bei dem Terroranschlag am 11. September in New York reagierten die USA und ihre Verbündeten einerseits mit neuerlichen Sondergesetzen und mit umfassenden Angriffskriegen gegen Staaten, welche mit diesem Anschlag nichts zu tun hatten. Auch Afghanistan hatte die USA nicht angegriffen.

4. Keines der politischen Systeme ist willens, systemischen Wettbewerb zu dulden. Die jeweilige staatliche Verfasstheit sieht dies in der Regel bereits normativ nicht vor. Sezessionsbewegungen führen grundsätzlich zur kriegerischen Bekämpfung seitens der Machthaber. Der Sezessionskrieg in den USA ist die eine geschichtliche Option, der Zerfall des Staates Jugoslawien die andere. Erst dann, wenn auch signifikante Teile der politischen Führung und des Machtapparates latent das System anzweifeln, wie dies in der damaligen DDR der Fall war, können blutige Auseinandersetzungen vermieden werden. Nahezu alle der politischen Gauner, welche derzeit in den Parlamenten sitzen, würden deshalb mit ihrer faulen Hand jeden Schusswaffengebrauch, jede Internierung, jede sogenannte Notstandsmaßnahme befürworten, wollten sich Teile der Bevölkerung aus dem bundeshoheitlichen Diktat verabschieden.

 

»Der überall ausgemachte ordnungspolitische Handlungsbedarf eignet sich vorzüglich zur Behebung latenter Akzeptanzdefizite und kostet wenig.«

 

Was bedeutet dies für die Zukunft? Auch ohne kriegerische Auseinandersetzungen, ohne massenhafte Straßenproteste und ohne signifikanten Widerstand befindet sich jedes parlamentarische System in einer Spirale der Bevormundung, Entmündigung, Enteignung und Gewaltanwendung.

Durch die allgemeinen Wahlen wird wohl eine Legitimation der parlamentarischen Herrschaft suggeriert und immer wieder Akzeptanz gewonnen. Das eigentliche Desaster mit seiner unverkennbaren faschistoiden Tendenz ergibt sich aus der zunehmenden Komplexität der (sozial begründeten) Umverteilung.

Die Herrschaftsform des Parlamentarismus versucht wie jede andere auf Dauer angelegte Herrschaft, ihre Existenz mit der Befriedung der Bedürfnisse der Bevölkerungsmehrheit zu sichern. Eine Sisyphosarbeit, welche sich ihre Existenzberechtigung durch Nichtsättigung endlos selbst bestätigt. Die Grenzen finden die politischen Systeme einerseits in der schwindenden Akzeptanz der geschröpften Leistungsträger, andererseits in der Fragilität der eigenen Volkswirtschaft, welche durch die andauernden staatlichen Eingriffe, einem Betrunkenen gleich, zwischen Phasen des Booms, Platzen von Blasen und Rezessionen taumelt.

Nur junge parlamentarische Systeme sind finanziell konsolidiert. Mit zunehmender Dekadenz der Umverteilungsspirale gleichen sie alle dem legendären Willy Loman in Arthur Millers Drama »Tod eines Handlungsreisenden«. Ökonomisch treibt man sich durch allerlei Tagträumereien in Form von politischen Versprechen an den Rand des sogenannten Offenbarungseids, den man aber unbedingt vermeiden muss. Jede wirtschaftliche Stagnation führt die selbsternannten Wohlfahrtsstaaten in politische Unruhen. Die verzogene »Familie« droht offen mit Liebesentzug. Die Gewerkschaften mobilisieren ihre Mitglieder und scheuen je nach Struktur und Organisationsgrad auch nicht davor zurück, das ganze Land lahmzulegen.

Doch die Bedürfnisse der Massen gehen weit über das Begehren der monetären Umverteilung hinaus. Geradezu symbiotisch ernährt sich die sogenannte öffentliche Meinung von den diversen politischen Bekundungen und umgekehrt. Der überall ausgemachte ordnungspolitische Handlungsbedarf ist nahezu immer mit statistischen Verdrehungen, gefälschten Umfrageergebnissen und haltlosem Expertensenf untermauert, in anderen Worten: Er ist herbeiphantasiert. Doch er eignet sich vorzüglich zur Behebung latenter Akzeptanzdefizite und kostet wenig.

Die natürlichen Konflikte, die sich aus dem Zusammenleben der Menschen und ihren unterschiedlichen Interessen ergeben, sollen sich nicht kooperativ selbst regeln oder durch den Markt entschieden werden, sondern mittels staatlicher Eingriffe und Strafandrohung. Subsidiarität ist schon lange keine politische und wirtschaftliche Maxime zur Selbstbestimmung und Eigenverantwortung mehr. Im Gegenteil: Nicht die unterste Ebene der gesellschaftlichen Organisationsformen (der Stadtteil, die Gemeinde, das Dorf) lösen Aufgaben des Zusammenlebens, sondern zunehmend das Diktat der Europäischen Union.[2]

Das Ziel dieser Praktiken ist eindeutig: Man beabsichtigt einerseits, einer breiten Masse der geistig minderbemittelten Bevölkerung ein fürsorgliches, einheitliches Staatswesen zu präsentieren. Ein Staat, der von der Zeugung bis zum Tod des Bürgers dessen Wohl und Wehe überwacht und leitet. Andererseits bietet man öko- und sozialfaschistischen Interessengruppen die Möglichkeit, ihre Obsessionen umzusetzen. Der Einzug der Grünen 1983 in den Bundestag lehrte nämlich die etablierten Sozialdemokratien[3], dass man sich gegen eine bestimmte Weltuntergangs- und Verfolgungsprophetie nur durch Übernahme der Thesen wehren kann. Damals starb nämlich bekanntlich der Wald und hörte zweckmäßigerweise mit der großzügigen Förderung von sogenannten Forschungsprojekten wieder damit auf.

 

»Das Zauberwort jeder Willkür- und Gewaltmaßnahme heißt Mehrheit.«

 

In allen selbsternannten Wohlfahrtsstaaten gehen die Kirchenbesucher zurück. Gott als unbewegter Beweger, eine Kraft, die alle Bewegungen verursacht[4], wurde durch den Staat substituiert. Damit, so zumindest die Illusion, hat man Einfluss auf das allmächtige Wesen und kann seine Gebote nach eigenem Gutdünken beeinflussen.

Tatsächlich sind jetzt die Gebote nicht mehr in Stein gemeißelt. Sie heißen Gesetze, sind ohne längeren Bestand, oft unverständlich, beliebig interpretierbar und in unübersichtlicher Anzahl inflationär vorhanden. Pro Jahr verabschieden die Parlamente im Durchschnitt zehn Gesetze, welche in die Autonomie der Bürger irgendwie eingreifen. Während der biblische Gott nur vielleicht die sehr kleinen Sünden sofort bestraft, das eigentliche Strafgericht auf den Jüngsten Tag verschoben wurde, kann sich ein weltlicher Gott derartige Nachlässigkeiten nicht erlauben. Ein strafender Gott, so die archaische Vorstellung, ist ein gerechter Gott.

Der Verbots- und Ordnungsstaat agiert tatsächlich in Symbiose mit den kleinkindhaften Gerechtigkeitsvorstellungen des Kleinbürgertums und ihrem faschistoiden Verlangen, Regelverletzer »ordentlich« zu bestrafen. Der Maßstab ist nicht der Grad der Freiheitseinschränkung und deren Verhältnismäßigkeit, sondern die einheitliche, rigorose Durchsetzung derselben.

Das vielgepriesene Rechtsstaatprinzip verheißt, dass die Staatsgewalt an Recht und Gesetz gebunden sei und alles staatliche Handeln durch das Recht begrenzt ist und durch ein Gericht überprüft werden kann. Die damit proklamierte Begrenzung der Staatsgewalt ist kaum mehr als ein propagandistischer Trick. Die Machthaber verabschieden ihre Gesetze ja einseitig selbst. Der Bürger steht zum Staat in keiner bilateralen, vertraglich ausgehandelten Monopolbeziehung, sondern staatliches Handeln ist und bleibt ein von oben nach unten vollzogener Akt in einem hierarchischen Subordinationsverhältnis der Über- und Unterordnung.

Der Verfolgungs- und Unterdrückungsapparat eines Josef Stalin handelte gleichermaßen auf formal verabschiedeten Gesetzen, wie die nationalsozialistische Verwaltung an Recht und Gesetz gehalten war. Nicht Adolf Hitler selektierte im Blutrausch an der Rampe von Auschwitz, sondern das SS-Wirtschafts-Verwaltungshauptamt gab Art und Umfang der Selektionsmaßnahmen vor. Zuvor hatten die deutschen Finanzbehörden die entsprechenden Bürger nach Maßgabe der Gesetze enteignet, ihre Sachwerte versteigert und die Erlöse dem Fiskus zugeführt.

All dies wurde von den Bürgern akzeptiert. Der nationalsozialistische deutsche Staat stand im politischen Wettbewerb zum Kommunismus und zur Monarchie. Ein einheitliches Deutsches Reich war 62 Jahre nach Gründung alles andere als selbstverständlich und die Anhänger des demokratischen Parlamentarismus waren vielleicht mundtot, doch nicht aus der Welt.

Selbstverständlich gab es vereinzelt Menschen, welche unter ständiger Lebensgefahr verfolgte Bürger bis Kriegsende versteckten. Selbstverständlich gab es vereinzelt Soldaten, welche desertierten. Selbstverständlich gibt es immer irgendwelche Personen, welche nicht in ein Gesetzbuch blicken mussten, um Recht von Unrecht zu unterscheiden. Doch die übergroße Mehrheit der Leute feierte die Weihnachtsfeste unter dem Führerbild und denunzierte zwischen den Feiertagen ihre Regel verletzenden Nachbarn. So fühlte man sich auch moralisch auf höchstem Niveau, begleitete man seinen jüdischen Nachbarn zum Bahnhof und wusste dann von nichts.

Diese Geschichte wiederholt sich nicht. Sie ist aus einer anderen Zeit. Doch die Denunziationen bei Sozial- und Finanzämtern, die Anzeigen bei den Ordnungsämtern, die Verhaftungen zur Aussageerpressung, die Beweispflichtumkehr im Steuerrecht, die Kriminalisierung von Vermögenden, die Sondergesetze und Sonderbesteuerung der Reichen, die Zwangsmitgliedschaften in staatlichen oder halbstaatlichen Körperschaften, die Diskriminierung missliebiger Personengruppen als Volksschädlinge (wie die Raucher) und ihre entsprechende Verbannung aus öffentlichen Räumen, die technische und personelle Aufrüstung der Geheimdienste unter dem Vorwand der Gefahrenabwehr, die Dämonisierung missliebiger ausländischer Staaten, die staatliche Unterstützung von Terrororganisationen zu eigenen politischen Zwecken, das alles wurde bereits wieder Wirklichkeit und ist heute bittere Realität.

Zugegeben, in parlamentarisch korrekt verabschiedete Gesetze gegossen, in rechtsstaatlichen Verordnungen oder Erlassen zur Exekution angeleitet, machen diese Vorboten des Faschismus einen recht zivilen Eindruck. Jeder der obigen Punkte ist von der breiten Masse des Volkes, oft sogar von den Betroffenen selbst, akzeptiert. Denn hinter jedem dieser Punkte stehen Zweckmäßigkeitsüberlegungen.

Das Zauberwort jeder Willkür- und Gewaltmaßnahme heißt Mehrheit. Nach Gutdünken reicht einmal die relative Mehrheit im Parlament, ein anderes Mal die angebliche Mehrheit der Meinungsumfrage oder man lässt tatsächlich die Plebs abstimmen. Mehrheiten, ob absolut oder relativ, ob gezählt, geschätzt, gefühlt oder erfunden, legitimieren alles und nichts. Immer so, wie es den Machthabern gerade in ihr Konzept passt. Und stets werden durch das Heben der faulen Hand andere Menschen mittels Androhung von Gewalt zu irgendetwas gezwungen, was sie aus freiem Antrieb nicht machen würden.

Das Wort »Zwangsmitgliedschaft« ist übrigens ein Terminus des Bundesverfassungsgerichts und keine Polemik von uns. Das höchste deutsche Gericht findet es verfassungskonform, zwingt der Staat bestimmte Berufsgruppen (nahezu alle) in staatliche Verbände wie die IHKs oder die Kammern. Das verwundert nicht, weil dasselbe Gericht es auch für rechtens erklärt hat, dass Bürger auch dann Rundfunk- und Fernsehgebühren bezahlen, wenn sie gar keine entsprechenden Endgeräte besitzen.

 

»Die radikale Meinung hat gesiegt.«[5]

 

Lassen Sie uns noch kurz den Punkt mit den Volksschädlingen herausgreifen. Auch ohne staatliche Gesetze ist es sicher geboten, dass Raucher an gleichberechtigten öffentlichen Orten nicht die nichtrauchenden Menschen mit ihrem Qualm verpesten. So ist es auch jedem erlaubt, im Rahmen seines Hausrechts das Rauchen zu verbieten. Tabakrauch verpestete die öffentlichen Verkehrsmittel und führte zu erhöhten Renovierungsbedarfen. Doch die Tabaksteuer hat der öffentlichen Hand wesentlich mehr Geld eingebracht, als Raucher in öffentlichen Gebäuden und Verkehrsmitteln Schaden anrichten konnten. Aber lassen wir einmal diese Aufrechnung. Es ist also sehr wohl zweckmäßig, dass jeder für seine Räume selbst entscheidet, was dort geboten ist und was nicht. Und es ist sicher ein profitables Geschäft, bieten Gastwirte rauchfreie Räume an.

In einer beispiellosen Hetzkampagne wurden rauchende Menschen als Volksschädlinge diskriminiert. Man hatte den statistischen Hokuspokus verbreitet, durch Passivrauchen würden jährlich bis zu 20.000 Menschen sterben, weil Tabakrauch schädlicher wäre als Dieselruß. Das ist aus dem Repertoire eines Julius Streicher. Streicher war übrigens nicht nur der Herausgeber des Stürmers, sondern ein bekannter Frauenschänder und sogar nach Auffassung der NSDAP nicht ganz zurechnungsfähig. Er durfte die Stadt Nürnberg nicht mehr betreten. Aber er war offensichtlich ein Genie in Sachen Volksverhetzung, sodass er von Hitler, dem obersten Volksverhetzer und Nichtraucher des Reiches, geschützt wurde.

Ähnliches geschah mit den Statistikfälschern und Volksverhetzern der Nichtraucherschutzkampagne. Obwohl bei der entsprechenden Anhörung im Bundestag sämtliche Fachleute die entsprechenden Statistiken als wissenschaftlich nicht haltbar bezeichneten, hielt man an der volksverhetzenden Propaganda fest. Unbedarften Bürgern wurde der Eindruck vermittelt, Tabakrauch wäre mit Giftgas vergleichbar. Je nach Bundesland wurde in der Folge in den Besitzstand der Gastwirte und ihre unternehmerische Freiheit eingegriffen, und zum Teil wurden rigorose Sondergesetze verabschiedet. Es ging nicht mehr um die berechtigten Interessen der nichtrauchenden Bürger, sondern um die Verbannung und systematische Ausgrenzung der Raucher. Das ist Faschismus und mit den Maßnahmen der damaligen Apartheidpolitik in den USA wie in Südafrika ohne Weiteres vergleichbar.

Das Ziel dieser selbsternannten Wohlfahrtsstaaten ist identisch mit den grundlegenden Zielen der dumpfen, dummen, vergesslichen Volksmassen und ihren propagandistischen Führern. Man zielt auf eine einheitliche, sprich: uniforme, gesunde, gleichgeschaltete Gesellschaft ab, in der Sicherheit vor persönlicher Freiheit steht, in der jeder dasselbe lernt, weiß, zu wissen glaubt und wieder vergisst. Die Produkte sind genormt, die Dienstleistungen geregelt, die Zahlungsverkehre überwacht, die Einkommen weitgehend erzwungen, Vermögen ist latent gefährdet und die Medien sind gleichgeschaltet. Wer abweicht, wird stigmatisiert, ausgegrenzt und verfolgt.

Jede auf Dauer angelegte Staatsform, ob sie sozialistische, nationalsozialistische, theokratische, monarchische oder rein militärische Überzeugungen herausstellt, ob sie von einem Alleinherrscher, einer Gruppe oder parlamentarisch als sogenannte Demokratie geführt wird, ob sie Volksentscheide zulässt oder Parteien die Richtung vorgeben, ist letztendlich eine Diktatur, sprich: Gewaltherrschaft.

Politik hat die Aufgabe, bei den Beherrschten für Akzeptanz zu sorgen, denn nur so ist die Gewaltherrschaft zu erhalten. Die geforderte Akzeptanz darf nicht mit Systemkonformität verwechselt werden. Auch ein verzweifeltes, ohnmächtiges Hinnehmen der Realitäten ist ein Akzeptieren.

Gegnerschaft gegen das jeweilige Herrschaftssystem ist per se jedoch kein achtenswertes Prädikat, da meist nur ein Regimewechsel angestrebt wird, wo die eine Gewaltherrschaft also durch eine graduell andere ersetzt werden soll. Während eine Militärdiktatur ihre Herrschaft offen auf die Macht der Gewehre stützt, zeigt sich in konkurrierenden Systemen dieses elementare Element erst im Falle des Widerstands von Teilen der Bevölkerung. Nur wer in der Lage ist, das Gewaltmonopol über ein bestimmtes geografisches Territorium aufrechtzuerhalten und gegen Angriffe verteidigen zu können, kann ein versachlichtes Abhängigkeitsverhältnis zwischen sich und den auf dem entsprechenden Gebiet lebenden Personen dauerhaft errichten.

Die Versachlichung der Beziehung des Staates und seinen Einwohnern ergibt sich aus der Logik der Verwaltung. Machthaber, welche nicht für eine funktionierende Verwaltung sorgen, scheitern regelmäßig. Der von den USA inszenierte Angriffskrieg gegen den Irak des Saddam Hussein im Jahre 2003 wurde so zum Beispiel wohl militärisch gewonnen, doch mangelte es der US-amerikanischen Soldateska und den von Washington eingesetzten Befehlshabern an grundlegendem politologischem Verständnis. Deshalb wurden in einem Anfall von Großmannssucht in Form militärischer, rassischer und moralischer Überlegenheitsfantasien die irakische Verwaltung sowie die heimischen Polizei- und Sicherheitsstrukturen zerschlagen. Chaos und bürgerkriegsähnliche Zustände waren die Folge und verfestigten sich. Auch zehn Jahre später ist das Land nur teilweise befriedet. Die Okkupation des Iraks ist gescheitert.

Obwohl die Monopolisierung der Gewalt, verstanden als ausschließliche Legitimation, physische Gewalt auszuüben bzw. zu legitimieren, denknotwendig nichts anderes sein kann als Gewaltherrschaft, versuchen die meisten politischen Systeme, die gewalttätigen Herrschaftselemente ihrer Konkurrenten negativ herauszustellen und die eigenen zu verschleiern.

Dabei ist die totale Unterwerfung der Bürger unter die Gewaltherrschaft logische Folge des Staatswesens. Grundsätzlich steht jeder Lebensbereich der beherrschten Menschen inklusive des Lebens selbst unter Gewaltandrohung. Die letzte Bastion der im Grundgesetz verankerten »Menschenwürde« ist dann auch durch die Kommentierung Matthias Herdegens gefallen: »Trotz des kategorialen Würdeanspruchs aller Menschen sind Art und Maß des Würdeschutzes für Differenzierungen durchaus offen, die den konkreten Umständen Rechnung tragen.«[6]

Angesichts der Folterpraxis der USA, angesichts des Drohneneinsatzes gegen Zivilisten, angesichts der medial inszenierten Verhaftungen deutscher Steuersünder, angesichts der Aussageerpressungen durch strafprozessuale Tricks, angesichts der weltweiten Abhörpraxis, angesichts der europäischen Verfolgung von Flüchtlingen war dies nur eine Frage der Zeit. Alle anderen sogenannten Ewigkeitsgarantien des Grundgesetzes hatten sich bereits davor durch Relativierung und Gesetzesvorbehalte erledigt.

Trotz dieser systematischen Revision ehemals zugestandener überpositiver – im Wesen des Menschen liegender – Rechte haben es die Machthaber verstanden, der Masse der Bevölkerung glauben zu machen, dass das Recht zu brechen nur in einem »Unrechtssystem« moralisch gerechtfertigt sei. Was ein Unrechtssystem ist, bestimmt der Staat selbst. Dieser rechtspositivistische Zirkelschluss ist konstitutionelles Element des politischen Wettbewerbs.

Die Logik staatlicher Machterhaltung zwingt zur Umverteilung von Einkommen und Vermögen, weil die Machthaber selbst (ob Könige, Präsidenten, Generale oder Parlamentarier) leistungslos sind und parasitär keine Güter erarbeiten. Staatliches Vermögen bzw. Umlaufvermögen muss folglich in Nordkorea wie in Deutschland bestimmten Bevölkerungsgruppen abgenötigt worden sein. Obwohl ausnahmslos jede Staatsführung ihre diesbezügliche Herrschaft als dienend, altruistisch, zweckdienlich und zum Wohle des Volkes darstellt, gibt es weltweit keine, welche auf das Instrument der Nötigung in Form von Strafandrohung bei Zuwiderhandlung verzichtet.

Während den multinationalen privatwirtschaftlich agierenden Konzernen latent Marktbeherrschung vorgeworfen wird, hat sich noch kein Staat dieser Welt dafür entschieden, seine Umverteilungsbegehrlichkeiten den Präferenzen seiner Bürger anheimzustellen. Während Millionen Menschen täglich neu entscheiden, ob und wo sie ein bestimmtes Produkt kaufen oder nicht, vertrauen Staaten einer derartigen Freiwilligkeit nicht. Die Höhe der staatlichen Gewalt kann in Form eines Brutto-Netto-Verdienstabgleichs von jedem Bürger selbst beziffert werden.

Die Logik der Machterhaltung zwingt jedoch auch zur Sonderwunscherfüllung bestimmter lautstarker Interessengruppen. Kein Staat begnügt sich mit der differenzierten Enteignung seiner Leistungsträger und dem Verteilen von Almosen. Grundsätzlich fühlt er sich berufen, die Sonderinteressen derer zu befriedigen, welche aufgrund ihrer Organisationsstruktur bereits Erpressungspotenzial besitzen (wie zum Beispiel die Gewerkschaften) oder aufgrund ihrer – meistens kritikimmunisierten – Forderungen Widerstandspotenzial erlangen können. Alle diese Forderungen sind faschistoid, weil sie darauf abzielen, zur Befriedung eigener Interessen in die Lebensbereiche anderer Menschen mit dem Mittel der Gewaltandrohung einzugreifen und bei fortgesetztem Widerstand die Genötigten existenziell zu vernichten.

Die Unfähigkeit der Plebs, zwischen Grund und Grad zu differenzieren, macht es den Akteuren leicht, solche Vorwürfe als unqualifiziert oder polemisch abzuweisen.

Der Wettbewerb der GaunerDer politische Wettbewerb ist zumindest in Deutschland vorerst entschieden. Die unrühmliche Vergangenheit wurde und wird dadurch bewältigt, dass man die Verbrechen des Dritten Reichs weitgehend auf die Befehle eines Adolf Hitler reduzierte und den Volksstaatscharakter dieses Reiches verschweigt. Der Untergang des Sowjetimperiums und die (Selbst-)Auflösung der DDR werden propagandistisch auf die Spitzel- und Zersetzungsarbeit des dortigen Geheimdienstes verengt. Mit dem Überlaufen des NSA-Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden bekam die bundesdeutsche Öffentlichkeit in etwa eine Vorstellung davon, was Geheimdienstarbeit im 21. Jahrhundert bedeutet.

Die Konzentration auf die sogenannten Mauertoten an der innerdeutschen Grenze erweist sich im Verhältnis zu den Machenschaften der US-Regierung an der mexikanischen Grenze als wenig hilfreich. Die Zahl der Menschen, die beim Versuch, diese Grenze illegal zu überschreiten, sterben, beläuft sich pro Jahr auf 250 bis 500. Die US Border Patrol hat zwischen 2007 und 2012 auch in mindestens zehn Fällen über die Grenze nach Mexiko geschossen und dabei in sechs Fällen völlig unbeteiligte mexikanische Bürger tödlich getroffen. Die US Border Patrol unterliegt, wie die Grenztruppen der DDR, keiner öffentlichen gerichtlichen Kontrolle, sodass in keinem der Fälle ein Beamter vor Gericht gestellt wurde.[7]

Durch den Wegfall der politischen Konkurrenz Sozialismus und diversen von den Staaten und ihrer Geldpolitik verursachten Banken- und Finanzkrisen sind auch die letzten Hürden gefallen, möglichst nicht dirigistisch in die Marktwirtschaft einzugreifen. Der Wohlstand der westlichen Demokratien basierte allerdings auf dem Abschöpfen dieser Prosperität. Überwiegend unter den Stichworten des Verbraucher-, Mieter- und Umweltschutzes sowie diverser kritikimmunisierter Anti-Diskriminierungsvorstellungen werden Produktions-, Preis-, Lohn- und Vertragsdiktate gesellschaftsfähig gemacht und durchgesetzt. Die dümmlichen Planwirtschaftler des Ostblocks können wohl nur noch staunen, soviel Attraktivität hätten sie ihren eigenen bankrotten Strategien nicht zugetraut.

Doch Geschichte wiederholt sich nicht, nur Neid, Habgier, Missgunst und die daraus resultierenden Gewaltexzesse. 

 

[1] Die CDU, welche aus den Bundestagswahlen 2013 als stärkste Partei hervorging und deshalb den Kanzler stellte, hatte gerade einmal 26,3 Prozent der Stimmen, bezogen auf die Wahlberechtigten. Über vier Millionen aktive Wähler sind überhaupt nicht im Parlament repräsentiert.

[2] Weitgehend von der Öffentlichkeit unbemerkt, in den Medien nie thematisiert, wurde Artikel 23 des Grundgesetzes 1992 geändert und der Regierung das angebliche Recht eingeräumt: »... Hoheitsrechte an die Europäische Union zu übertragen«. Die parlamentarischen Machthaber entziehen sich so weitgehend der öffentlichen Diskussion. Das undurchsichtige System der Europäischen Union (eine Mischung aus Politkommissaren und abgehalfterten Parlamentariern, vergleichbar mit dem Obersten Sowjet der UdSSR), bestimmt dann, was eine Nürnberger Rostbratwurst ist oder welcher Schwachsinn auf Zigarettenpackungen aufgedruckt werden muss.

[3] CDU, CSU oder FDP verfolgten stets eine sozialdemokratische Politik.

[4] frei nach Aristoteles

[5] Tagebucheintrag Joseph Goebbels` am 13. November 1938 nach den Novemberpogromen.

[6] nach Böckenförde, Ernst-Wolfgang: »Bleibt die Menschenwürde unantastbar?«, in: Blätter für deutsche und internationale Politik 10/2004, Seite 1218.

[7] Vgl. Wikipedia, Stichwort: »Grenze zwischen den Vereinigten Staaten und Mexiko«, mit den entsprechenden Einzelnachweisen. http://de.wikipedia.org/wiki/Grenze_zwischen_den_Vereinigten_Staaten_und_Mexiko

 

 
Erstellt am 12.11.2013, zuletzt aktualisiert 13.03.2022; Alle Rechte vorbehalten.  
   

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